Warum beim Ratsmitglied Gunnar Hofmeister im Garten weder eine rote, noch eine grüne Karte zu sehen ist und er lieber ein gelbes (!) Warnschild aufstellen würde
Vorweg: alles, was einmal neu gebaut wird, geht im Laufe der Zeit kaputt, muss repariert und irgendwann ausgetauscht werden. Dass kennt jeder Hausbesitzer nur zu genau:
Das Dach ist ein gutes Beispiel: im Laufe der Jahre tauscht man Dachpfannen aus, im Laufe einer energetischen Sanierung werden die Latten erneuert, irgendwann ist das Dach aber so anfällig, dass nur noch ein neues Dach oder ein Neubau hilft. So sieht es auch mit den Straßen aus. Auch diese sind irgendwann nicht mehr zu reparieren und müssen eine neue Deckschicht bekommen, beziehungsweise bei einer Erneuerung von Abwasserleitungen und Zuleitungen muss die Straße neu aufgebaut werden und manche alte Straßen haben kein eigenes von der EU gefordertes Entwässerungssystem.
Bisher wurde von ehemaligen Gemeinderäten dieses unbequeme Thema verschwiegen und in die Zukunft verschoben. Ehemaligen Ratsmitgliedern haben wir es zu verdanken, dass die Sanierung von Straßen nicht schon lange im Gange ist. Nach 25 Jahren ist es einer Gemeinde gesetzlich erlaubt, eine Straße zu erneuern und dabei die Anwohner (erneut) zur Kasse zu bitten. Unsere 80(!) Gemeindestraßen sind fast alle über vierzig Jahre alt und nun haben wir das Problem, dass alle auf einmal zu erneuern sind. Bisher investiert die Gemeinde Hanstedt in jedem Jahr fast eine Million Euro für die Erneuerung von Straßen, von denen 60% über Straßenausbaubeiträge von den Anwohnern kommen.
Eine Erneuerung der zwanzig defektesten Straßen auf Hanstedter Gemeindegebiet kostet laut einem unabhängigem Gutachterbüro ca. 14 Mio EUR und sollte von diesem und dem nächsten Gemeinderat innerhalb von zehn Jahren abgearbeitet werden, um die Verkehrssicherungspflicht wieder herzustellen. Keine leichte Aufgabe.
Noch schwieriger ist dabei die Finanzierung.
Gunnar, einige Mitbürger sind nicht gut auf Euch zu sprechen? Was habt ihr gemacht?
da höre ich „Ihr“ und „Euch“ und bitte um Vorsicht! Zunächst einmal bitte ich alle Mitbürger zwischen Gemeinderat und Verwaltung zu unterscheiden. Der Gemeinderat setzt sich zusammen aus gewählten Vertretern aller Mitbürger, die keine Verwaltungsfachangestellten sind, sondern Berufe haben wie jeder andere auch und die ihr Amt in der Freizeit und ehrenamtlich ausüben. Wir vertreten Euch!
Die Verwaltung setzt sich zusammen aus Verwaltungsbeamten und Fachangestellten, die hauptberuflich unser aller Anliegen und Aufgaben erledigen. Wer hauptberuflich in der Verwaltung tätig ist kann kein gewähltes Mitglied im Gemeinderat sein.
Grundlage dieser Zusammenarbeit von Gemeinderat und Verwaltung sind gültige Gesetze, die man nicht einfach außer Acht lassen kann. Der Begriff „Gemeinde Hanstedt“ bedeutet eigentlich das geografische Gebiet und ansonsten sind wir das alle: Mitbürger, Gemeinderat und Verwaltung.
Überall hängen rote Plakate „Gegen die STRABS (STRaßen Ausbau Beitrags Satzung), was bedeuten diese Schilder?
seit Jahrzehnten finanziert die Gemeinde Hanstedt ihre Straßenerneuerung über Straßenausbaubeiträge. Dem zugrunde liegt die Straßenausbaubeitragssatzung (STRABS). Diese Vorgehensweise finden einige Anwohner jetzt als unsozial:
Zum einen werden nur Grundstücksbesitzer und keine Mieter zur Kasse gebeten und zum anderen brauchen Anwohner, die an Kreis-, Land- und Bundesstraßen wohnen „nur“ zu befürchten, für Fußwege und Straßenlampen zahlen zu müssen. Viele fordern nun die Abschaffung der STRABS.
Wie soll dann zukünftig die Straßenerneuerung bezahlt werden?
Im Gesetz steht sinngemäß: wenn eine Gemeinde nicht genug Geld hat um Straßen zu erneuern, dann darf sie sich folgender drei Möglichkeiten bedienen:
- sie erhebt Straßenausbaugebühren bei den Anwohnern der betroffenen Straßen aufgrund der Straßenausbaubeitragssatzung (STRABS)
- sie erhöht die Grundsteuer aller Grundstücksbesitzer innerhalb der Gemeinde
- sie bildet „Abschnitte“ und lässt auch benachbarte Anwohner von betroffenen Straßen zahlen (ähnlich der STRABS)
In der Vergangenheit hat unsere Gemeinde nicht genug Geld gehabt, um Straßen aus Steuergeldern ohne Beteiligung der Anwohner zu erneuern. Die Finanzierung über die STRABS soll nun wegfallen – bleibt also nur die Finanzierung über eine Erhöhung der Grundsteuer!
Das ist doch eine gute Lösung. Denn die Zahlungsweise nach STRABS gilt doch als unsozial?
nicht unbedingt, denn die Anwohner zahlen nach der STRABS nur 60 % der gesamten Erneuerungskosten, die anderen 40 % werden von allen anderen Anwohnern über die Grundsteuer beglichen. Die Kostenteilung zwischen Anwohnern und Allgemeinheit ist also fast 50 : 50. Außerdem ist es ungerecht, die Beteiligung an den Kosten in einer Zeit umzustellen, in der viele Straßen bereits erneuert wurden und diese Maßnahmen von Anwohner bereits über die STRABS bezahlt wurden. Eine Rückabwicklung, wie von einigen in Aussicht gestellt, ist gesetzlich nicht möglich, denn bereits gezahlte Gebühren können nicht zurückgezahlt werden. Wer das nicht glaubt, kann sich es gerne von der Verwaltung erklären lassen. Ich habe auch noch keine schriftliche Regelung gesehen und von den Zweiflern bekommen, die uns die Möglichkeit einer Rückabwicklung gibt. Das ist auch verständlich, denn diese Möglichkeit gibt es in der freien Wirtschaft auch nicht: Steuererklärungen, Bilanzen und Jahresabschlüsse können auch nicht einfach rück-abgewickelt werden oder durch nicht eingereichte Rechnungen geändert werden. Ich bin von vielen Anwohnern an Straßen, die neu gebaut wurden oder die bereits erneuert wurden, angesprochen worden, die mir erklärt haben, sie wollen an der bisherigen Regel festhalten und finden eine Finanzierung über die Grundsteuer als ungerecht, weil sie dann erneut zur Kasse gebeten werden. Verständlich.
Viele glauben, bei einer Erhöhung der Grundsteuer müssen sie mit Mehrkosten von nur 50 EUR pro Jahr rechnen?
hier kann es sich nur um Grundstücke und Häuser handeln, die schon älter sind. Das Bundesverfassungsgericht hat im letzten Urteil die bisherige Einschätzung der Grundsteuer für ungerecht erklärt. Es werden in den nächsten Jahren neue Berechnungen verschickt und damit rechtskräftig. Im Normalfall zahlt der Anwohner bei einem in der Gemeinde Hanstedt vorliegenden Hebesatz von 360 Punkten für ein „normales“ Einfamilienhaus mit 600m² Grundstück eine Grundsteuer in Höhe von 360,- EUR. Bei einer Erhöhung des Hebesatzes auf 520 Punkte würde er zukünftig 520,- EUR pro Jahr zahlen. Beides kann man sich von der Verwaltung im Rathaus erklären lassen.
Das sind Mehrkosten von 160 EUR für jedes Jahr. Kosten, die man sich im Gegenzug zu den Kosten der STRABS nicht stunden lassen kann und für die man auch keinen Kredit bekommt. Für einen Rentner würde es bedeuten, dass ihm jedes Jahr 160 EUR mehr in seinem Portemonnaie fehlen. Ist das gerecht?
Deine Straße soll doch auch ausgebaut werden, warum hältst Du an einer Finanzierung über die STRABS fest?
bei der STRABS handelt es sich um eine Gebühr, die zweckgebunden ist, die also nur für den Straßenausbau ausgegeben werden darf.
Steuern sind nicht zweckgebunden. Wir erleben jeden Tag, wie Berufspolitiker von Land und Bund Steuern erhöhen, die nur dazu dienen, an anderer Stelle fehlendes Geld wieder hereinzubekommen. Wer an einen sinnvollen Einsatz von Steuergeldern glaubt, der müsste eigentlich auch an den Weihnachtsmann und den Osterhasen glauben.
Als Liberaler setze ich mich für die vernünftige Verwendung von Steuergeldern ein und wünsche mir auf lange Sicht eine Reduzierung der Steuern. Das geht aber auch nur, wenn der Bürger durch Gebühren stärker an den Ausgaben des Staates beteiligt wird.
Ein weiterer Nachteil einer Finanzierung durch die Grundsteuer ist, dass ein Teil der Gelder an die Samtgemeinde und an den Kreis abfließen. Wenn jetzt also die Grundsteuer erhöht wird, dann bekommen Samtgemeinde und Kreis auch mehr Geld und es verbleibt weniger im Gemeindesäckel. Wir müssen also die Grundsteuer kräftig anheben, um den Nutzen zu spüren. Die Berechnung dieses Themas ist aber sehr komplex und wird uns aber in den nächsten Sitzungen von Ausschuss und Gemeinde erklärt.
Schlimmstenfalls wird die Grundsteuer erhöht, aber meine Straße nicht saniert, weil das Geld für andere Dinge ausgegeben wird. Als Anwohner habe ich dann kein Druckmittel mehr: die Grundsteuer wird eingezogen, wenn ich nicht zahle kommt der Kuckuck-Kleber. Ein Mitspracherecht, wie meine Straße ausgebaut wird, habe ich dann auch nicht mehr und fahre weiter über Risse und Löcher im Asphalt. Und übrigens: eine erneutes Inkrafttreten der STRABS ist dann jederzeit wieder möglich.
Warum erklärt das keiner den Mitbürgern so?
ich höre oft den Spruch: „das hat mir so noch keiner erklärt“ oder „das muss man doch den Anwohnern erklären“ oder auch „Gunnar, das musst Du doch Deinen Wählern so erklären“. Zunächst einmal: ich bin direkt gewählt worden für den Gemeinderat, den Samtgemeinderat und für den Kreistag. Ich bedanke mich, nehme meine Aufgabe sehr ernst, erkläre aber auch, alle damit verbunden Teilnahmen an Sitzungen von Arbeitskreisen, Parteien und Gruppen, Ausschüssen und den Räten kosten viel Zeit. Trotzdem stehe ich jedem jederzeit für ein kurzes oder nach Absprache auch für ein längeres Gespräch zur Verfügung. Allerdings dürfte es jedem klar sein, dass es nicht möglich ist, seit 1986 angelerntes Wissen in drei Stunden zu vermitteln. Keiner meiner ehrenamtlich tätigen Kollegen kann in seiner Freizeit von Haus zu Haus laufen und fragen, ob noch etwas unklar ist. Und auch jeder hauptamtliche Verwaltungsmitarbeiter sollte in seiner Arbeitszeit die Aufgaben erledigen, die er für unsere Gemeinde hat. Sonst würde deren Arbeit noch länger dauern.
Ich sage immer: Bildung ist eine Hol- und keine Bringe-Schuld: wir sind zur Schule gegangen, die Schule kam nicht in unser Haus, wir sind zum Ausbildungsbetrieb und zur Berufsschule, bzw. zur Uni gegangen, keine Lehrherr und kein Professor hat uns in unserem Jugendzimmer unterrichtet. Politische Grundbildung haben wir durch die Schule und vielleicht auch durch das Elternhaus bekommen, eine „Weiterbildung“ ist jederzeit möglich, gerade in der heutigen Zeit, in der alle Informationen im Internet zu bekommen sind. Fast alle Sitzungen und Ausschüssen und Ratsitzungen sind öffentlich und Protokolle werden auf den kommunalen Seiten veröffentlich. Die Mitglieder der Verwaltung sind für unsere Fragen offen und unser Samtgemeindebürgermeister Olaf Muus hält Sprechstunden ab, zu denen man sich anmelden kann.
Deine Partei setzt sich doch dafür ein, dass die Landesregierung die STRABS verbieten soll. Wie vereinbart sich das mit Deiner Stellungnahme?
die FDP sitzt nicht in der Landesregierung, sondern in der Opposition. Von dort lassen sich Forderungen einfacher stellen. Egal, wie diese Forderung zukünftig ausgeht: eines sollte uns allen klar sein: Zahlen müssen wir auf jeden Fall. Kein Handwerker und kein Tiefbauer arbeitet umsonst. Es gibt kein Material ohne Geld. Die Frage ist doch nur, aus welchem Säckel eine Erneuerung der Straßen bezahlt wird. Und wir sollten alle beachten, in welchem Zustand sich die Landesstraßen befinden: der Reparaturstau ist so groß, dass eine zeitnahe Erneuerung unsrer Landstraßen kaum in Sicht ist. Trotz hoher Steuereinnahmen. Wie soll das denn erst bei den kleineren Anwohnerstraßen aussehen. Oder werden hier aus Hannover nur Wahlversprechen gemacht, an dessen Ende wieder mal die Samtgemeinde zu Kasse gebeten wird – wie bei den Schulsozialarbeitern und dem beitragsfreien Kindergartenjahr. Ich möchte nicht, dass Berufspolitiker aus Hannover über kleine (lösbare) Probleme vor Ort entscheiden, sondern dass diese Probleme die gewählten Vertreter der Dorfbevölkerung mit der hauptamtlichen Verwaltung machen und dass jeder Wähler die Möglichkeit hat, diesen Entscheidungsprozess vor Ort anzusehen und gegebenenfalls mitzumachen.
Eine politische Entscheidung ist immer eine Kompromisslösung zwischen zwei oder mehreren Sichtweisen. Was mich dabei traurig und wütend macht sind falsche Informationen, die in die Welt gesetzt werden, nur um eigene Meinungen zu verstärken oder Zuschauer, die sich bei Kommunalwahlen nicht wählen lassen wollen, aber in Sitzungen durch störende und unsachgemäße Einwendungen einen Entscheidungsprozess nicht nach vorne bringen, sondern damit eher das gute Miteinander stören.
Gunnar, im Gegensatz dazu: was ist denn Deine Lösung?
lasst uns lieber miteinander nach einer vernünftigen Lösung suchen, anstatt mit dem Verschicken von kleinen roten Kärtchen die Verwaltungsbeamten zu beschäftigen und von ihrer eigentlichen Arbeit abzuhalten. Und wir Ratsmitglieder üben unsere politische Arbeit ehrenamtlich und in unserer Freizeit aus. Es steht jedem Ratsmitglied per Gesetz zu, bei der Ausübung dieser Tätigkeit nicht behindert zu werden. Persönliche Anfeindungen und Beleidigungen sind unfair und können rechtlich verfolgt werden. Lasst uns lieber gemeinsam nach einer Lösung suche, bei welchen Straßen der Unterbau eine großzügige Reparatur zulässt und wie diese zu finanzieren ist. Zum Zahlen einer Reparatur kann ein Anwohner nach der STRABS normalerweise nicht verpflichtet werden, die Reparatur einer Straße muss aus dem laufenden Haushalt zu bezahlen sein.
Aber wir dürfen bei allem sorgfältigem Umgang mit den Steuergeldern nicht vergessen: eine Reparatur verlängert die Haltbarkeit einer Straße nur – irgendwann muss leider jeder Straße rechtssicher – damit ein Anwohner bei einer möglichen Klage keinen Erfolg hat – nach gültigem Standard neu gebaut werden – die Alternative sind unbefestigte Straßen. Ob und wie wir Erneuerungen über eine Erhöhung der Grundsteuer finanzieren können, wird in 2018 von der Verwaltung geprüft und uns in einer öffentlichen Sitzung vorgestellt. Und danach könnten wir auch erst die STRABS abschaffen.